Was meinen Sie? Woran erkennen Sie, dass Sie und Ihr Hund eine gute Bindung haben? Schwere Frage? Oder vielleicht doch ganz einfach?
Bindung ist in aller Munde, auch unter Hundehaltern und Trainern. Vielleicht ist es dem einen oder anderen schon unter gekommen: der leise „Vorwurf“ „ der hat aber keine Bindung zu Ihnen“, wenn Kumpan Hund ins Feld abdampft und jagdlich ambitioniert eigene Wege geht. Oder nicht kommt wenn man ihn ruft. Oder nicht brav das tut was man von ihm möchte/ doch so einfach ist das Ganze nicht. Letztlich sagt ein braver, folgsamer Hund nichts über den Bindungsstatus aus. Tatsächlich ist ein mitunter nicht so folgsamer Hund glücklicher und besser gebunden als einer der stets tut was ihm gesagt wird.
Was bedeutet Bindung aber eigentlich?
Die Bindungstheorie stammt aus der Psychologie und beruht auf der Annahme, dass Menschen (und auch Tiere wie unsere Hunde), ein angeborenes Bedürfnis haben, enge und von intensiven Gefühlen geprägte Beziehungen zu Mitmenschen aufzubauen. Ihre Basis stellen frühkindliche Erfahrungen dar. Beispielsweise müssen Grundbedürfnisse wie Hunger, Durst etc. erkannt und beantwortet werden, daraus entwickelt ein Lebewesen dann sein Vertrauen und eben seine Bindung in zumindest eine sich sorgende Person. Der Grundstein für unser „Urvertrauen“ liegt hier.
Werden diese Bedürfnisse ignoriert, nicht erkannt, nicht adäquat darauf reagiert, passiert genau das Gegenteil: es entsteht ein unsicheres, ambivalentes oder desorgansiertes Bindungsverhalten. Ganz vereinfacht gesprochen erkennt man einen gut gebundenen Hund daran, dass dieser selbstbewusst Neues erkundet und bei Stress Schutz bei seinen Leuten sucht (und natürlich findet). Streng genommen ist der Hund der Angst vorm Alleinsein hat und dem Menschen an den Fersen klebt, kein sicher gebundener Kandidat.
Der Hund der aus dem Tierschutz zu uns kommt hat freilich eine ganz eigene (Bindungs-) Vorgeschichte, die er mitbringt. Mitunter werden in Stresssituationen Muster wieder wach gerufen, die in dieser begründet liegen. Mit wachsendem Vertrauen und viel Zeit kann trotzdem eine gute Bindung erreicht werden.
Ist Bindung etwas das man erarbeiten kann?
Bindung braucht Zeit sich zu entwickeln. Und sie ist etwas das man sich verdienen muss. Überfordert man einen Welpen beispielsweise in der Sozialisierungsphase mit zu viel Reizen, kann dies mehr schaden als nützen. Obwohl es natürlich wichtig ist, einem jungen Hund viel an Erfahrung zu ermöglichen, ist es mindestens genauso wichtig ein gutes Gespür dafür zu haben, wann es genug ist. Oxytocin, auch als Bindungshormon bezeichnet, wird immer dann ausgeschüttet wenn wir entspannt und liebevoll und freudig mit etwas beschäftigt sind: streicheln wir unseren Hund und entspannt er dabei, produzieren beide, Hund wie Halter dieses Hormon, welches dafür verantwortlich ist, dass wir uns miteinander verbunden fühlen.
Ein harmonisches Spiel kann das auch und selbst wenn wir unseren Hund nur liebevoll anschauen, wird Oxytocin frei gesetzt. Wenn also Bindung erarbeitet werden kann, dann ist es eine Arbeit mit Genuss Faktor. Alles was BEIDEN Spaß macht und nicht stresst ist dabei erlaubt. Noch ein wichtiger Nebeneffekt des Ganzen: eine gute stabile Bindung zum Halter ist die beste und effektivste Prophylaxe gegen Stress. Oxytocin besetzt im Hormonsystem die gleichen Rezeptoren wie Stresshormone, das bedeutet, diese werden quasi „besetzt“ und Stress hat so weniger Möglichkeiten sich auszubreiten.
Unsere Aufgabe ist also eigentlich ganz klar: ein Anker und verlässlicher (Bindungs-)Partner sein, Ängste und Nöte unserer Vierbeiner wahrnehmen (Trösten ist erlaubt!), Grenzen akzeptieren und das Zusammensein entspannt und in vollen Zügen genießen.