Viele von uns kennen es, man geht des Weges entlang, sieht einen Hund auf sich zukommen, hört den Besitzer noch schreien, dass es doch ein ganz Lieber aber Wilder sei, der sich nur freut. Und „Patsch!“ hat man, bevor man sich umsieht, schon die Unterschrift des Hundes auf seiner Jacke oder seiner Hose. Das Geschrei und der Ärger sind dann meistens groß.
Starke und große Menschen könnten sich hier gegebenenfalls noch helfen, auch wenn ein 50 kg Hund um die Ecke kommt. Bei älteren Menschen oder Kindern sieht dies schon anders aus. Hier kann es nicht nur ärgerlich, sondern auch gefährlich werden.
Kleinere Hunden können zusätzlich noch eine Stolpergefahr darstellen, wenn sie den betreffenden Passanten zwischen den Beinen umherwuseln. Schnell hat man hier eine Anzeige am Hals.
Was sind die Ursachen für dieses unhöfliche distanzlose Verhalten des Hundes? Oder ist es überhaupt unhöflich gemeint?
Hierfür gibt es unterschiedliche Gründe. Dabei muss allerdings zwischen dem Anspringen von Fremden und dem Anspringen des Besitzers oder dessen Familie unterschieden werden.
1. Gehen wir mal ganz zurück in die Welpenzeit:
Das Muttertier würgt ihren Welpen in den ersten Wochen das Futter vor.
Um diesen Prozess beim Muttertier zu aktivieren, zeigen die Welpen ein Beschwichtigungsverhalten ihr gegenüber, indem sie gegen ihren Fang stoßen und sie im Bereich des Mauls ablecken. Das Futterbettelverhalten hat hier also einen sozial-motivierten positiven Charakter.
Dieselbe Verhaltensweise kann man auch bei Junghunden gegenüber älteren Hunden beobachten. Hier stellt es allerdings eine Demutsgeste dar. Das aufdringliche beschwichtigende Verhalten zeigen unsere Hunde auch uns Menschen gegenüber. Dabei springen sie uns an, da sie zu unserem Gesicht hoch wollen, um uns abzulecken.
Schwierig und der Anfang allen Übels ist hier also schon die Welpenzeit.
Der kleine Welpe wird von jedem Passanten als so niedlich und süß empfunden, dass sich dieser ihm sofort zuwendet und betüddelt. Schwups steht der kleine Welpe schon auf seinen
Hinterbeinen und wird dafür auch noch durch Streicheln, Blickkontakt und Ansprechen seines Gegenübers belohnt. Diese Aufmerksamkeit und Bestätigung führt dazu, dass der Hund dieses Verhalten fort an immer wieder und wieder zeigt. Anspringen wird dadurch zum erlernten Verhalten!
2. Das Anspringen des eigenen Besitzers kann auch eine Form des Grenzen austesten seitens des Hundes sein, gerade in der Pupertätszeit.
3. Der Hund ist gestresst, krank etc. und zeigt das Anspringen deshalb in Form einer Übersprungshandlung gegenüber des Menschen.
Das kann also dazu führen, dass der Hund das Anspringen regelrecht erlernt: „Ich springe Menschen an und bekomme dafür Aufmerksamkeit und sogar Leckerli!“ – Hier sollte darauf geachtet werden, dem Hund von Anfang an klar zu machen, dass andere Passanten uninteressant sind und er von Fremden keine Leckerlies bekommt und annehmen darf.
Tipps wie sie von Anfang an das Springen abgewöhnen und umlenken:
- Begegnen Sie dem Welpen von Anfang an in der Hocke, somit wird das hochspringen gar nicht erst provoziert.
- Sollte der Welpe doch hoch krabbeln, schieben Sie ihn sanft wieder runter. Vorsicht: das Runterschieben kann den Welpen auch zum Spielen animieren. In diesem Fall sofort umdrehen, aufstehen, den Sozialkontakt unterbrechen und kurz ignorieren.
- Verhält sich der Welpe daraufhin ruhig, erhält er den Sozialkontakt seines Menschen wieder und bekommt einen neuen Versuch es besser zu machen.
- Springt der Welpe Sie an, drehen Sie sich weg und ignorieren das Verhalten.
- Setzt sich der Welpe daraufhin verdutzt hin oder steht ruhig auf seinen 4 Pfoten, wenden Sie sich ihm sofort wieder zu und belohnen Sie damit das ruhige Verhalten.
- Er soll lernen: „Mit Springen habe ich keinen Erfolg und mein Mensch wendet sich ab. Wenn ich mich aber ruhig verhalte, werde ich wieder beachtet und erhalte meine Belohnung.“ Somit wird dieses Verhalten in Zukunft verstärkt gezeigt und das Springen wird aufhören.
- Bei Junghunden und erwachsenen Hunden, die das Anspringen versuchen, sollte man zur Seite treten und diese ins Leere springen lassen. Gegebenenfalls sollte der Besitzer den Hund an die Leine nehmen, um diesen unter Kontrolle zu bringen.
- Wenn Sie nach Hause kommen und Ihr Hund springt Sie zur Begrüßung an, bleiben Sie ruhig, drehen Sie sich weg, oder gehen Sie kurz aus der Situation raus und ignorieren Ihren Hund. Hat der Hund sich dann beruhigt, kann dieser selbstverständlich in Ruhe begrüßt werden.
- Springt der Hund Ihren Besuch an, bietet es sich an, dem Hund einen Entspannungsplatz anzutrainieren und ihn bei Besuch dort hinzuschicken:
- Das Erregungslevel des Hundes wird durch diese Maßnahme reduziert und er kann sich beruhigen.
- Wenn der Besuch da ist, sollt der Hund noch eine Weile ignoriert werden.
- Ist er schließlich zur Ruhe gekommen, darf er von seinem Entspannungsplatz entlassen werden, um zu begrüßen.
- Beruhigt der Hund sich nicht ist es sinnvoll ihn am Platz erstmal anzuleinen.
- Werden fremde Menschen draußen angesprungen so muss hier dem Hund der Rückruf beigebracht werden und ein Alternativverhalten antrainiert werden wie z.B. „Sitz“. Hierfür ist die Schleppleine ein gutes Werkzeug, um den Hund vorab kontrollieren zu können.
- Am besten ist es natürlich es erst gar nicht so weit kommen lassen. Seien Sie deshalb vorausschauend und schneller wie ihr Hund, damit es gar nicht erst zu diesem Fehlverhalten kommt. Belohnen Sie stattdessen das Alternativverhalten!
- Falls ihr Vierbeiner doch mal schneller ist, rufen Sie den Leuten zu, dass Sie sich wegdrehen und den Hund ignorieren sollen, bis Sie Ihn buchstäblich wieder gesichert haben.
Grundsätzlich ist das Anspringen eine freundlich gemeinte Geste des Hundes uns Menschen gegenüber, die nicht bestraft werden sollte, da dies den Hund wiederum verunsichern könnte. Trainieren Sie gewünschtes Verhalten wie „Sitz“, ruhige Begrüßungen oder Verweis auf den Entspannungsplatz und belohnen Sie dies zur positiven Verstärkung.
Bleiben Sie konsequent, souverän, ruhig und geduldig.
Alles Liebe!
Eva Bulla