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Mrz 1, 2018
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Ängste bei Hunden – Erfahrungsbericht mit Hündin Cindy

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Cindy (Schäferhundmischlingsdame) ist mit ca. 9 Monaten verängstigt, halb verhungert und in einem schlechten Zustand als Fundhund im Tierasyl Hamm gestrandet.

Hier wurde sie versorgt und es wurde nach einem neuen Zuhause gesucht.

Die Eheleute Stockhausen (auf Wunsch ändere ich den Namen) waren zu diesem Zeitpunkt auf der Suche nach Familienzuwachs.

Zuerst führten sie Cindy nur spazieren, doch schnell erlag das Ehepaar Ihrem Charme und sie beschlossen Cindy eine neue Heimat zu geben.

Nach kurzer Eingewöhnungsphase erkannten sie schnell Cindy´s Schwäche. Sie war verängstigt und unsicher. Durch diverse Hundetrainer bekam man wohl Tipps, die Cindy aber in Punkto Angst und Unsicherheit nur bestärkten.

Nach Rücksprache mit dem Tierasyl kam es zum ersten telefonischen Kontakt mit uns.

Wir vereinbarten ein Beratungsgespräch in häuslicher Umgebung Anfang November 2009.

Ich wurde mit lautem Gebell empfangen. Was erst einmal nichts Schlimmes ist, da sie mich damit nur ankündigt: „Frauchen Aufgepasst! Da kommt jemand!“. Außerdem hatte sie eine riesen Bürste / Kamm – von einem ängstlichen Hund also zunächst keine Spur. Dennoch wirkte sie etwas unsicher. Erkennbar daran, das sie sich zurück zog, als ich näher kam.

Mit einer kleinen Bestechung beruhigte sich Cindy und legte sich hin.

Nach einem langen Gespräch, wo wir die Probleme besprachen, einigten wir uns darauf mit Cindy raus zu gehen. Irgendwie und wo musste ich Ihre Panik sehen.

Sobald die Wohnungstür geöffnet wurde, zeigte sich Cindy verängstigt und zog ihren Schwanz ein. Als dann auch noch die Haustür geöffnet wurde, zeigte sich „Panik“.

Obwohl wir nur wenigen Personen begegneten, zerrte und zog Cindy in alle Richtungen, je mehr Geräusche oder Menschen desto schlimmer wurden die Angst und Panik von Cindy.

Im Büro wiederholte sich das Spiel. Cindy wollte so schnell wie möglich in Ihrer Ecke. Solange sich kein Fremder näherte, blieb sie dort ruhig liegen. Die Eheleute Stockhausen erklärten mir, dass die Hundetrainer Ihnen folgende Tipps gaben: Die fremden Personen, die ins Büro kommen, sollen mit Leckerchen auf Cindy zugehen. So würde Cindy lernen, dass Ihr keiner was „Böses“ will.

Das einzige, was aber Cindy dadurch lernte war: Frauchen oder Herrchen helfen nicht. Ich muss das alleine regeln.

Hier musste ich eingreifen und den Eheleuten Stockhausen erklären, dass sie als Bezugspersonen alles regeln und Cindy zu ihnen kommen kann. Cindy musste lernen, dass Ihre Hundehalter ihr nichts Böses wollen. Am einfachsten kann ein Hund eine Bindung aufbauen, in dem er z.B. Futter aus der Hand bekommt. Denn dann muss er sich nähern und seine Ängste abwerfen.

Futter gab es ab sofort nur noch von Herrn und Frau Stockhausen aus der Hand.

Es wurde in Einzeltherapie gearbeitet. Beim Spaziergang konnte man nach der ersten Stunde schon deutliche Erfolge sehen. Dadurch das Cindy Futter aus der Hand bekam und sie wusste, dass sie auch draußen das Futter bei Herrchen/Frauchen in der Hand finden konnte, hielt sich Cindy an Ihrer Seite. Wenn der Stress für Cindy zu groß wurde, konnte sie den Stress durch fressen abbauen. Denn ein Hund kann durch kauen und durch Bewegung/Geschwindigkeit Stress abbauen.

Wenn allerdings der Stress zu hoch ist, frisst der Hund nicht! Da er ja im Falle eines Angriffs sich sonst nicht verteidigen kann. Dann sollte man am Besten mit Bewegung arbeiten. Hier ist aber bitte neben der Körpergröße / dem Gewicht des Hundes, auch an den richtigen Zeitpunkt des Loslaufens zu denken. So sind z.B. 40kg Körpergewicht gute 80kg Zuggewicht, die man nicht mehr so einfach halten kann. Daher sollte man immer mit einem erfahrenen Hundetrainer arbeiten, der einen die richtigen Zeitpunkte vorgibt.

Im Büro hat sich das Verhalten komplett verändert. Cindy schlägt nur noch kurz bei bestimmten Personen an, reagiert aber sofort auf Frauchen und legt sich wieder auf Ihren Platz. Das wurde dadurch erreicht, dass die Besucher Cindy in Ruhe zu lassen hatten und ihr kein Futter mehr geben durften. Denn dafür war Frauchen/Herrchen da.

Aber auch hier gilt, dass der Hund nicht mit Futter abgelenkt werden soll, sondern er es sich selbst aussuchen kann, ob er Futter oder „Stress“ wählt. Da „eigentlich“ jeder Hund (Ausnahmen bestätigen die Regel), eher das Futter wählt, als den Stress, ist dies leicht umzusetzen.

Der Hund lernt erst mal in ruhiger Umgebung, dass es sich lohnt, auf seinem Platz zu liegen. Hierfür bekommt er hin und wieder ein etwas Futter. Dieses Vorgehen versucht man dann in den Alltag einzubauen. Wenn der Hund merkt, dass sich der Hundehalter immer gleich verhält, wird er das auch tun. Aber auch hier sollten sie mit einem erfahrenen Hundetrainer arbeiten, damit der Hund nicht an der falschen Stelle belohnt wird.

Nach der 4. Einzelstunde ging es in die Stadt. Hier konnte ich nicht gleich erkennen, wer mehr Angst hatte – Hundehalter oder Cindy.

Doch Cindy überraschte alle. Der Schwanz war draußen und Unsicherheit war nur noch ab und an zu erkennen, überwiegend bei älteren Personen. Cindy suchte immer Blickkontakt zum Frauchen. Sie zeigt keine Anstalten mehr, weg zulaufen.

Nach der 5. Einzelstunde konnte Ehepaar Stockhausen mit Cindy in die Gruppe zum trainieren. Hier sollten dann die Kommandos gefestigt werden. Cindy fühlte sich umso sicherer, desto größer die Artgenossen waren.

Ihre Übungen führte sie nun gerne und sicher aus. Cindy ist seit März im Mantrailingkurs und sucht fremde Menschen allen Alters und Geschlechts mit Erfolg auf.

Hin und wieder zeigt Cindy noch Unsicherheit, jedoch so minimal, dass sie sowie die Eheleute Stockhausen damit Umgehen und leben können.

Fazit: Auch mit einem Hund aus dem Tierheim / Tierasyl, der schlechte Erfahrungen gesammelt hat, kann man Spaß haben. Im Fall von Cindy sind Hund und Hundehalter ein „Team“ geworden. Bei Problemverhalten sollte man immer Einzelstunden nehmen. Grade bei Problemfällen (Artgenossen Problemen, Ängstlichen Hunden und Aggressionen Menschen gegenüber) sollte immer mit einem erfahrenen Hundetrainer trainiert werden, da sich sonst schnell Fehler einschleichen können, die man hinterher nur schwer wieder wegbekommt.

Ein Hund ist immer so gut wie sein Hundehalter, fällt dieser in sein altes Verhalten zurück, tut dies auch der Hund.

autor_martina_zapatka

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